Von: S. Graf
Große Probleme für kleine Vereine: Können sich die Zünfte die Fastnacht noch leisten?
Traurige Gesichter bei den Marbacher Talbachhexen: Auch in dieser Fastnachtssaison wird es am Abend vor dem großen Umzug keine Saalfasnacht geben. Helfermangel und hohe Kosten stellen die Zunft zunehmend vor Probleme. | Bild: Schikmat
Die Fastnacht ist ein teurer Spaß. Akuter Helfermangel und immer höhere Kosten werden vor allem für kleine Vereine zum Problem. Einige Zünfte mussten bereits Veranstaltungen absagen.
Immer mehr Auflagen, teure Sicherheitskonzepte und anspruchsvolle Programme – auf die Fastnachtsvereine kommen in dieser Saison wieder hohe Kosten zu. Dadurch geraten vor allem kleinere Zünfte zunehmend unter finanziellen Druck. Da gleichzeitig die Anzahl der Helfer immer weiter abnimmt, stehen einige Vereine vor großen Problemen.
So auch die Talbachhexen aus Marbach. Zum zweiten Mal in Folge haben sie ihre Saalfastnacht abgesagt und beschränken sich nach 2018 auch im Jahr 2019 auf den Sonntagsumzug. "Wir sind kein großer Verein und deshalb bringen uns so große Veranstaltungen einfach an die Grenzen unserer Leistungskapazität", sagt der Vorsitzende Matthias Lachnit. Dafür gebe es mehrere Gründe. Je größer eine Veranstaltung sei, desto mehr Geld und Helfer würden gebraucht. "Beides haben wir nicht gerade im Überfluss", so Lachnit. Da es immer mehr Konkurrenzveranstaltungen an einem Samstagabend gebe, nehme auch die Anzahl der Besucher stetig ab.
Weniger Gäste bei steigenden Kosten – diese Entwicklung macht es auf lange Sicht schwierig, große Veranstaltungen mit einem finanziellen Plus abzuschließen. Viel Einsparungspotenzial sieht Matthias Lachnit jedoch nicht. "An Fixkosten, zum Beispiel für Sicherheitskonzepte und -personal, ist nicht zu rütteln", sagt er. Man könne zwar im Vorfeld verschiedene Angebote einholen, diese unterscheiden sich jedoch in der Regel kaum voneinander. "Wenn wir so eine Veranstaltung anbieten, dann sind wir Dienstleister und müssen Qualität liefern", so Lachnit. "Daran kann man nicht sparen."
Generationswechsel ist ein Problem
Das sind viele äußere Einflüsse, die die Organisation erschweren. Doch auch innerhalb der Talbachhexen-Zunft gibt es ein Problem, das zur Absage der Saalfastnacht beigetragen hat: Helfermangel. Mehrtägige Programme sind mit vielen einzelnen Aufgaben verbunden. Das führe laut Matthias Lachnit dazu, dass die Hälfte der Mitglieder in das Programm involviert sei und die andere Hälfte organisatorische Pflichten übernehmen müsse. "Das ist aber schwierig", sagt Lachnit, "denn vor allem junge Leute wollen an solchen Abenden lieber mitfeiern, statt zu arbeiten."
Ein Problem, das auch die Villinger Heringsdörfler kennen. Auch sie leiden unter akutem Helfermangel und müssen nach dem Sommerfest 2018 wohl auch die Ausgabe im kommenden Jahr absagen. "Für ganztägige Einsätze wie Aufbau oder Einkauf fehlen uns aus unseren Reihen nach wie vor die Helfer", sagte der Vorsitzende Frank Thoma bei der jüngsten Hauptversammlung. Doch nicht nur das Sommerfest ist in Gefahr. Auch die 26 Begleitpersonen, die zur Sicherung der Wagen beim Umzug benötigt werden, sind noch nicht gefunden. "Zur Not werden wir einen Wagen stehen lassen müssen", so Thoma.
Dass der Mangel an ehrenamtlichen Helfern vor allem auf einen Generationswechsel innerhalb der Vereine zurückzuführen ist, vermutet auch Patrick Fleig von der Gayser-Gilde Obereschach. "Die jungen Leute sind zwar dabei, leben aber nicht mehr so für den Verein, wie frühere Generationen", sagt er. Deshalb sei es eine wichtige Aufgabe der Zünfte, die Jungen wieder mit ins Boot zu holen. "Man muss ihnen den Spaß an der Sache vermitteln." Außerdem sei die Politik gefragt, die dem Ehrenamt wieder mehr Ansehen verleihen müsse, so Fleig.
Neue Konzepte statt Absagen
Anne-Rosel Schwarz hat Verständnis für die Probleme der kleinen Vereine. Als Präsidentin der Schwarzwälder Narrenvereinigung wünscht sie sich allerdings einen anderen Umgang damit. "Bunte Abende und ähnliche Programme sind Traditionen, die sich in den Orten etabliert haben und die es zu erhalten gilt", sagt sie. Deshalb sollten die Organisatoren lieber neue Konzepte testen, statt Veranstaltungen ganz abzusagen. "Man könnte zum Beispiel darüber nachdenken, ob man überhaupt eine große Halle braucht. Immerhin hat in der ursprünglichen Fastnacht das Meiste auf der Straße stattgefunden." Auch das Helferproblem hält Anne-Rosel Schwarz für lösbar. Man müsse die Jungen einfach mal machen lassen und sie mehr einbinden, damit sie sich selbst verwirklichen können, sagt sie.
Ein Verein, dem der Nachwuchs offenbar keine Sorgen bereitet, ist die Halden-Zunft Mühlhausen. "Wir setzen voraus, dass neue Mitglieder auch mithelfen", erklärt Vorstandsmitglied Sandra Bechmann. Das sei nicht nur für die Organisation der Veranstaltungen wichtig, sondern auch für den Zusammenhalt im Verein. "Es ist schwer, sich zu integrieren, wenn man nur die Spaß-Aktivitäten mitnimmt", sagt Bechmann. Dass die Mitglieder diese Regelung so gut annehmen, liege daran, dass der Verein klar kommuniziere, wofür die Einnahmen aus den Veranstaltungen benötigt werden. Günstige Busfahrten zu den Umzügen oder gemeinsame Jahresausflüge – das Geld kommt letztlich allen Mitglieder zugute. "Dadurch ist die Motivation auf jeden Fall da", sagt Sandra Bechmann.
Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Lutz Melzer, erster Zunftmeister der Schwenninger Narrenzunft. Natürlich habe jeder Verein über das Jahr verteilt hin und wieder Probleme, genug Helfer zusammenzutrommeln – zum Beispiel für Sommerfeste. "Auf die Fastnachtsbälle freuen sich unsere Leute aber sehr, da gibt es dann auch genug Freiwillige, die anpacken."