Von: G.Kaletta

Stadt und Land sind fest in Narrenhand

Villingen-Schwenningen - Die Narren sind an der Macht. Allerorten wurden die Ortsvorsteher ihrer Rathausschlüssel beraubt und die Schüler vom Joch der Lehrer befreit.Auch heuer mussten die Talbachhexen in Marbach erfahren, dass es mit der geplanten schnellen Amtsenthebung von Ortsvorsteherin Diana Kern-Epple nichts wurde. Sie geht nämlich äußert gewitzt vor, um die Machtübernahme der Narren zu verzögern. Gestern wurde die Hexenbrut schon vor dem Grundstück des Verwaltungsgebäudes ausgebremst. Die Narren staunten nicht schlecht, dass der Zugang zum Rathausparkplatz mit aufgeschichtetem Astwerk versperrt war, das einem Biberdamm glich. Flugs machten sich die Hexen ans Werk, um mit ihren Besen das Hindernis zu beseitigen. Sie hatten jedoch keineswegs damit gerechnet, dass sie weiter auf Bibers Spuren wandeln, genauer gesagt: balancieren mussten. In dem auf dem Parkplatz künstlich angelegten berühmten Marbacher Bibergewässer Talbach mussten die Hexen unter Aufsicht der Ortsvorsteherin von Stein zu Stein und über Frösche hüpfen. Mit den Hüpfqualitäten ihrer Untertanen zeigte sich die Rathausregentin zufrieden und rückte den Rathausschlüssel an die Zunftrepräsentanten Mathias Lachnit und Nicole Schuller heraus. Schnell zogen die Hexen zum Zeichen ihrer Herrschaft am Fahnenmast die Zunftfahne hoch. Anschließend besuchten die Hexen den Kindergarten und begaben sich in die Schule zur Schülerbefreiung.

Pfaffenweiler feierte zum Auftakt eine schöne Dorffasnet. Um 8 Uhr befreiten die Wolfbach-Rolli die Schüler in der Grundschule und die jüngeren Mädchen und Jungen im Kindergarten. Zahlreiche Eltern mit ihren Kindern und freilich viele Narren strömten am Nachmittag zum beliebten Kinderumzug, der um 14 Uhr startete. Vorneweg liefen die Pfaffenweiler Narren, vor allem die jungen Wolfbach-Rolli, gefolgt von einer Abordnung der Musik- und Trachtenkapelle, zahlreichen Kindern sowie rund 30 Schülern und Lehrern, die gestern die Blicke auf sich zogen. Waren es Außerirdische mit ihren Sternen in den Händen? Nach dem Umzug um Kindergarten, Schule und Halle ging es mit der Party für die jungen Narren weiter. Und nach einer kurzen Pause trafen sich die Pfaffenweiler Narren gestern Abend zur Schlüsselübergabe am Rathaus mit anschließendem Hemdglonkerumzug.

In Tannheim versteckten sich die Lehrer und wurden von ihren Schülern gegen die Osemalis mit Zähnen und Klauen verteidigt. Doch Zunftmeister Georg Müller, seine Ratsherren, die Osemalis und die Musikkapelle, die sich zuvor – ganz zahm – im Kindergarten gezeigt hatten, obsiegten am Ende und führten alle Lehrer einschließlich Rektor Hubert Herrmann ab. Zur Belohnung" gab’s im Lehrerzimmer ein Gläschen Sekt, bevor die Zunftabordnung zum Rathaus und Ortsvorsteherin Helga Eilts weiterzog. Am Nachmittag begleitete sie den Kinderumzug, den der Osemali-Nachwuchs zusammen mit den "märchenhaften" Kindergartenkindern und den Grundschülern gestaltete. Trotz einer kleinen Grippewelle nahmen fast alle der derzeit 52 Schüler teil. Die Erst- und Zweitklässler kamen als "Luiggi und Mario", in der dritten Klasse ließen die Jungs die "Puppen" tanzen – sie hatten aus den Mädchen Marionetten gemacht. Und die Viertklässler liefen als Handwerker durch Tannheim. "Fastnacht ist bei uns Elternsache", sagte Rektor Herrmann am Rande, "aber die Schule unterstützt sie dabei immer wieder gerne".

Da lacht des Narren Herz: Schlag 13.30 Uhr riss die Wolkendecke auf, und die Sonne schien zum Umzug in Weigheim. Cowboys, Clowns und Harlekine, dazu Prinzessinnen, Piraten, Indianer sowie Wölfle und Hansel, angeführt von der Musikkapelle, zogen gestern Nachmittag vom Geren über die Alb- und die Deißlinger Straße zum Jugendheim, wo die Kinder eine ausgelassene Party feierten. Eine Besonderheit in Weigheim: Dort verteilen nicht die Narren Süßigkeiten an die Zuschauer, sondern im Gegenteil: Das Publikum wirft den kleinen Narren allerlei Leckereien entgegen. Als besonders freigebig erwies sich wieder einmal Ortsvorsteherin Ursula Mosbacher, die mit vollen Händen Süßigkeiten aller Art unters junge Narrenvolk verteilte. Eigentlich war sie jedoch gar nicht mehr in Amt und Würden. Pünktlich um 11.33 Uhr – nach ihren Besuchen in Kindergarten und Schulen – waren Hansel und Wölfe nämlich im Rathaus eingefallen, um sie zu entmachten. All’ ihre Gegenwehr war vergebens: Die Ortsvorsteherin musste den Schlüssel herausrücken. Bis Aschermittwoch hat nun Zunftmeister Sven Becker das Kommando. Der Hemdglonkerumzug beschloss am Abend das närrische Treiben.

Die Grundschüler in Weilersbach sind vom Joch der Lehrer befreit – zumindest bis Aschermittwoch. Das haben sie den tapferen Epfel­schittlern zu verdanken, die mit Freundlichkeit den gesamten Lehrkörper verhaftete. Die Kinder hatten die Narren mit einer Trommel-Performance empfangen. Der Kampf war zwar nicht zu gewinnen, aber die Schlüsselübergabe herauszuzögern – das ist Ortsvorsteherin Silke Lorke gelungen. Denn ihr ist eine List eingefallen. Sie versprach, den Rathausschlüssel kampflos zu übergeben, wenn die Narren ein Quiz zu Weilersbacher Themen lösen können. Also quasi Weilersbach sucht die Super-Schittler. Die hatten natürlich keine Probleme mit den Fragen und lösten auch die letzte Aufgabe: In einem kleinen Kasten voller kleiner Tiere einen Miniatur-Schlüssel zu finden. "Okay, den tausche ich Euch jetzt gegen den Rathaus-Schlüssel um", gab sich die Ortsvorsteherin geschlagen und übergab Zunftmeisterin Marion Bauer den Rathausschlüssel. Das war das Signal für den Musikverein unter der Leitung von Andrea Adler, den Epfelschittler-Marsch anzustimmen.